Die Reform des Verbraucherinsolvenzrechts
Insolvente Existenzgründer und Verbraucher sollen schneller eine zweite Chance erhalten
Was bringt die Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens für Schuldner und welche Vorteile ergeben sich daraus? Bei der besten Vorbereitung und den besten Absichten, entwickeln sich die wirtschaftlichen Erfolge nicht immer wie die geplanten Konzepte. Der gegründete Arbeitskreis Kreditgewährung, bestehend aus Bankfachleuten und Juristen, gibt Einblick und Auskunft für Verbraucher und Unternehmen. Dieser Arbeitskreis Kreditgewährung, der ein praxisorientierter Zusammenschluss von Spezialisten darstellt, beschäftigt sich mit Themen rund um Kreditgewährung, Umschuldung, Folgefinanzierung, Darlehensverträge, Bankenhaftung. Im Rahmen von Seminarveranstaltungen in den Berliner Räumlichkeiten der Kanzlei Dr. Schulte und Partner werden spezielle Themen erläutert, diskutiert und Anhaltspunkte für rechtliche Vorgaben zur Umsetzung erarbeitet.
Reform und Änderungen
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält Regelungen zur Verkürzung und Umgestaltung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur insolvenzrechtlichen Stellung von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften. Auch sieht der Entwurf die Zulassung des Insolvenzplanverfahrens für Verbraucher vor – eine weitere Möglichkeit, dass sich Schuldner und Gläubiger im Insolvenzverfahren über die Regulierung der Verbindlichkeiten einigen.
Bankkaufmann Alexander Bellgardt Mitstreiter im Arbeitskreis Kreditgewährung hierzu: „Die Reform des Insolvenzrechts ist in 3 verschiedene Stufen aufgeteilt. Die zweite Stufe gilt der Reform des Verbraucherinsolvenzrechts. Mit dem „Gesetzentwurf zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte“ soll laut des Bundesministeriums für Justiz, insolventen Existenzgründern und Verbrauchern schneller als bisher eine zweite Chance ermöglicht werden, wenn sie einen Teil ihrer Schulden sowie die Verfahrenskosten begleichen. Die Gläubiger sollen ebenfalls von dieser Beschleunigung profitieren, weil die Schuldner einen gezielten Anreiz erhalten, möglichst viel zu bezahlen.“
Änderungen durch die Reform der Privatinsolvenz 2013
Die Reform der Privatinsolvenz 2013 bietet Schuldnern, die über ein sehr hohes Einkommen verfügen, den Vorteil, dass wenn sie in den ersten 36 Monaten 25% der im Privatinsolvenzverfahren angemeldeten Forderungen sowie die Verfahrenskosten befriedigen, sie vorzeitig ihre Restschuldbefreiung (Verkürzung des Insolvenzverfahrens) erhalten. Für Schuldner, die jedoch nicht dazu in der Lage sind, bleibt es wie bisher bei den sechs Jahren oder bei fünf Jahren, falls zumindest die Kosten des Verfahrens in dieser Zeit aufgebracht werden können. Dies dürfte auf die Mehrzahl der Schuldner zutreffen.
„Die Reform der Privatinsolvenz 2013 kommt daher wohl leider nur einem sehr geringen Teil der Schuldner massiv zugute. Der Großteil der Schuldner wird von der Reform gar nicht erfasst“, resümiert Dr. Sven Tintemann, Partner in der Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte.
Die Reform der Verbraucherinsolvenz stärkt einige Gläubigerrechte und schwächt demgegenüber aber die Schuldner. Folgende Änderungen sind im Gesetzentwurf enthalten:
1. Schriftlicher Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung
Insolvenzgläubiger können vor dem Schlusstermin schriftlich einen wirksamen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung stellen (§ 290 Abs.1 Reg-E). Bislang war es ihnen nur möglich, einen Versagungsantrag persönlich oder durch einen Vertreter im Rahmen der gerichtlichen Verhandlung zu stellen. Es ist deshalb zu erwarten, dass die Gläubiger öfter versuchen werden, die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen, weil die Hürden für einen entsprechenden Antrag niedriger sind. Dies wird die Gericht somit mehr belasten und die Verfahren wahrscheinlich verlangsamen.
2. Ausweitung der Versagung wegen unangemessener Verbindlichkeiten oder Vermögensverschwendung auf drei Jahre
§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO wird ausgeweitet. Eine Versagung der Restschuldbefreiung wegen unangemessener Verbindlichkeiten oder Vermögensverschwendung kann wegen drei Jahre zurückliegender Handlungen stattfinden. Bisher ist dieser Versagungsgrund auf Handlungen beschränkt, die lediglich ein Jahr zurückliegen.
3. Möglichkeit der nachträglichen Versagung der Restschuldbefreiung
Die Restschuldbefreiung kann nachträglich versagt werden, falls einem Gläubiger ein Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 InsO erst nach dem Schlusstermin bekannt wird. Bisher konnte ein Versagungsgrund nur im Verlauf des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden. Nach der Reform kann ein Antrag binnen sechs Monate nach Bekanntwerden des Versagungsgrundes zulässig sein.
4. Erwerbsobliegenheit bereits ab Eröffnung des Insolvenzvervahrens
Die Erwerbsobliegenheiten (§ 295 Abs. 1 InsO) müssen bereits ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt sein (§ 290 Abs. 1 Nr. 7 Reg-E). Derzeit können Schuldner noch den Eintritt der Wohlverhaltensperiode abwarten.
5. Zusätzliche, von der Erteilung der Restschuldbefreiung ausgenommene Forderungen
Es kommt zu einer Einschränkung der Restschuldbefreiung – es wird zusätzliche, von der Erteilung der Restschuldbefreiung ausgenommene Forderungen geben (§ 302 Nr.1 RegE).
6. Eintragung von Versagung und Widerruf der Restschuldbefreiung im Schuldnerverzeichnis
Die Eintragung der Versagung und des Widerrufs der Restschuldbefreiung wird im Schuldnerverzeichnis aufgeführt.
Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte stuft diese Vorgehensweise zur Umsetzung als sinnvoll ein und rät: „Demnach wäre es für die meisten Schuldner am besten, jetzt noch einen Antrag auf Privatinsolvenz nach dem alten Recht zu stellen, um zum einen schneller zur Entschuldung zu kommen, einen umfassenden Pfändungsschutz zu genießen und zum anderen die Vorteile der jetzigen Rechtslage auszunutzen.
Schuldner mit einem hohen Einkommen sowie der Gewissheit die 25% der im Privatinsolvenzverfahren angemeldeten Forderungen sowie die Verfahrenskosten befriedigen zu können, sollten die neue Rechtslage abwarten. Ob es eine Übergangsregelung geben wird für Schuldner, die bereits jetzt Insolvenzantrag stellen, ist noch unklar.“
Als weitere Neuerung ist die Schaffung eines Insolvenzplanverfahrens auch für Verbraucher zu nennen. Das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren wurde gestrichen.
Stattdessen lässt der Entwurf die Ausarbeitung eines Vergleichs durch den Schuldner selbst oder einen Insolvenzverwalter zu. Dieses Instrument soll es nach der Vorstellung der Bundesregierung künftig jedem Schuldner ermöglichen, im Einvernehmen mit seinen Gläubigern flexibel und schnell zu einer Entschuldung zu gelangen.
„Ob dieses neue Instrument in der Praxis zu tauglichen Ergebnissen führt, darf mit Recht bezweifelt werden. Weiterhin hat die Reform des Verbraucherinsolvenzrechts auch für die Arbeit des Arbeitskreises Kreditgewährung eine ausschlaggebende Wirkung, da auch das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren in der Praxis wenig bis gar nicht geholfen hat“, äußert Dr. Tintemann aus langjähriger Erfahrung skeptisch. Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht musste schon vielen Anlegern durch die Einleitung einer Insolvenz helfen, die hohe Darlehen bei Banken aufgenommen und mit der Darlehenssumme verlustreiche Anlagen gekauft hatten. Die Erfahrung zeigte leider, dass Schuldenbereinigungsverfahren hier mit den betroffenen Gläubigerbanken meist nicht möglich waren. Hiermit wird umso deutlicher, dass die Anwälte des Arbeitskreises Kreditgewährung zusammen mit den Bankfachleuten weiter für die Belange der Anleger und Verbraucher einzusetzen, um diesen zu ihrem Recht zu verhelfen.
V.i.S.d.P.
Dr. Sven Tintemann
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