BGH-Entscheidung als Meilenstein für geschädigte Anleger
Darlegungslast eines Anlegers bei geltend gemachten Pflichtverletzungen durch einen Anlageberater – von Danuta Wiest, Rechtsanwältin Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte
In Zeiten, in denen wirtschaftlicher Erfolg, hohe Rendite, Vorsorge für das Alter oder einfach nur die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Freiheit im Vordergrund bei Anlegern, Beratern und Vermittlern stehen, wird leider oftmals die moralisch ethisch korrekte Handlungsweise ausgeblendet oder soweit gedehnt, dass Sch aden entsteht bis hin zu wirtschaftlich kriminellen Handlung ausaten kann. In den Kanzleiräumen Dr. Schulte und Partner fand am 17.01.2013 ein Seminar durchgeführt vom „Arbeitskreis Kreditgewährung“, der ein praxisorientierter Zusammenschluss aus spezialisierten Rechtsanwälten und BankfachleutenIn darstellt, die sich mit Themen rund um Kreditgewährung, Umschuldung, Folgefinanzierung, Darlehensverträge, Bankenhaftung, etc. beschäftigt, erläutert, diskutiert und Anhaltspunkte für rechtliche Vorgaben zur Umsetzung gibt. Thema der Seminarveranstaltung baut auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 06.12.2012 – Az.: III ZR 66/12 , in dem klargestellt wurde, dass die Anforderungen an die Darlegungslast geschädigter Anleger nicht überspannt werden dürfen.
Welche Auswirkung hat diese Entscheidung und welcher Sachverhalt lag dem zu Grunde?
Der Bundesgerichtshof hatte über folgendes zu entscheiden: E in gesch ädigter Anleger hatte einen Anlageberater wegen einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch genommen, um den drohenden Verlust entgegen zu wirken, da er seine geplante und angelegte Altersvorsorge, die der Anlageberater ihm empfohlen hatte, verlor.
Der Kläger hatte sich im Jahr 1991 an einer Gesellschaft als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt. Die Zeichnungssumme entrichtete er in Monatsraten und die jährlich auszuzahlenden Ausschüttungen wurden im Rahmen eines „Pensions-Sparplan“ wieder angelegt. Im Jahr 2000 stellte der Kläger die Ratenzahlung aufgrund einer Beitragsfreistellungsvereinbarung ein. Im Jahr 2007 fiel die Anlagegesellschaft in Insolvenz.
Anlage gleich Altersvorsorge?
Der geschädigte Anleger stand mit dem Verlust seines „Pensions-Sparplan“ da und nun nahm der Kläger den Anlageberater auf Schadensersatz in Anspruch, da dieser ihm die Bet eiligung als sichere Altersvorsorge empfohlen hatte. Natürlich konnte niemand ahnen, dass die Entwicklung dieser „Altersvorsorge“ eine andere war, aber er verwies auf weitere Punkte insbesondere:
- Totalverlustrisiko
- fehlende Handelbarkeit
- Rentabilität
und stellte außerdem streitig, dass er den Prospekt rechtzeitig vor Zeichnung der Beteiligung erhalten hatte.
Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen. Eine zugelassene Revision folgte und der Bundesgerichtshof hielt diese Revision für begründet, hob den angefochtenen Beschluss des Oberlandesgerichts auf. Es mussten jedoch weitere Feststellungen getroffen werden, so dass der BGH die Sache zurück verwies.
Welche Anforderungen an die Darlegungslast sind zumutbar?
Dr. Thomas Schulte hierzu: „Der BGH verwies zudem darauf hin, dass eine Partei bereits dann ihrer Da rlegungs last genügt, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit dem Gesetz geeignet sind, dass das geltend gemachte Recht entstanden sein könnte. In seiner Entscheidung machte der BGH deutlich, dass die Vorinstanzen die Anforderungen an die Darlegungslast durch den Kläger überspannt hatten. Dann muss das Gericht dem angebotenen Beweis nachgehen und weitere Einzelheiten erfragen. Ebenso machte der BGH auch deutlich, dass eine Beweisaufnahme zur rechtzeitigen Prospektübergabe erforderlich ist, wenn Beweis angeboten wurde. Allein die vom Anleger unterzeichnete „Empfangsbestätigung“ ist kein Nachweis für die rechtzeitige Übergabe. Zugleich fand der BGH auch deutliche Worte zur Eignung einer unternehmerischen Beteiligung als Altersvorsorge. In diesem Zusammenhang führte der BGH aus, dass bei einer angestrebten anfänglichen Verlustzuweisung von 100% bereits die Empfehlung einer solchen Anlage als Altersvorsorge für sich fehlerhaft ist.“
Beweisangebot – Darlegungslast
Für den Arbeitskreis Kreditgewährung hat das Urteil große Bedeutung. Rechtsanwältin Danuta Wiest erläutert den Teilnehmern das Zusammenspiel: „Viele Anleger haben, wie sich im Nachhinein heraus stellt, eine verlustreiche Kapitalanlage meist nach nur einem Beratungsgespräch gezeichnet und einen gegebenenfalls vorhandenen Prospekt auch erst im Nachhinein erhalten. Zwar ist der Sachverhalt nach wie vor hinreichend konkret auf den Einzelfall auszurichten, aber die dem ohnehin bereits geschädigten Anleger obliegende Darlegungslast ist eingeschränkt worden.“
Bankkaufmann Alexander Bellgardt erklärte, dass auch die Banken und damit ihre Berater die Entscheidung als Meilenstein für geschädigte Anleger bewerten: „Das Gericht muss nunmehr einem Beweisangebot nachgehen, wenn nur ansatzweise die Möglichkeit besteht, dass der geschädigte Anleger in seinem Recht verletzt ist und nunmehr gehalten, Beweisa ngeboten nachzugehen. Dies war bisher nicht gängige Praxis, wenn der Sachverhalt nicht hinreichend konkretisiert schien. Durch eine klare Rechtsprechung und richtigen Entscheidungen, die sich für die Belange der Anleger und den Anlegerschutz einsetzen, ist auch den Beratern und Vermittlern geholfen den Schritt in die richtige Richtung zu tun und optimale Vorraussetzungen für eine vertrauensvolle wirtschaftliche Zusammenarbeit zu schaffen und zu gewährleisten.“
V.i.S.d.P.:
Danuta Wiest
Rechtsanwältin
Ansprechpartner „Arbeitskreis Kreditgewährung“ unter 030-715 20670 und wiest@dr-schulte.de
Kontakt:
Rechtsanwaltskanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte
Friedrichstrasse 133 (gegenüber Friedrichstadtpalast)
10117 Berlin (Mitte)
Telefon: (030) 71520670
Telefax: (030) 71520678
e-Mail: dr.schulte@dr-schulte.de
Internet: http://www.dr-schulte.de
Büro Berlin Süd:
Malteserstrasse 170/172
12277 Berlin