Travel24.com AG – Wo geht die Reise hin?
Wie aus der Presse zu entnehmen war, verstarb der alleinige Geschäftsführer und Hauptgesellschafter der Unister Holding GmbH, Leipzig, am 14.07.2016. Einige Tage später wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 18.07.2016 zum Geschäftszeichen Az.: 405 IN 1402/16) das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der Unister Holding GmbH angeordnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. Lucas F. Flöther, Leipzig, bestellt.
Über das Vermögen der Unister GmbH, Leipzig, einer Tochtergesellschaft der Unister Holding GmbH, wurde einen Tag später ebenfalls das vorläufige Insolvenzverfahren angeordnet (Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 19.07.2016 zum Geschäftszeichen 404 IN 1427/16) – ebenso wie über das Vermögen der U-Deals GmbH, Leipzig (Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 19.07.2016 zum Geschäftszeichen 405 IN 1426/16) und über das Vermögen der Urlaubstours GmbH, Leipzig (Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 19.07.2016 zum Geschäftszeichen 404 IN 1425/16). Die U-Deals GmbH ist eine Tochtergesellschaft der Unister GmbH. Jeweils wurde auch hier Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. Lucas F. Flöther, Leipzig, zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.
Es folgte am 21.07.2016 die Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Unister Travel Betriebsgesellschaft mbH, Leipzig (Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 21.07.2016 zum Geschäftszeichen 404 IN 1437/16), der Muttergesellschaft des Touristikgeschäfts der UNISTER Group.
Auf der Unister-Homepage – Stand 22.07.2016 – ist zu der Frage nach dem Grund der Insolvenzantragstellung, die aus dem Kreis der Gesellschafter für die Unister Holding GmbH erfolgt sei, unter FAQ (www.unister.de/faq-insolvenz/) zu lesen, die Unister Holding GmbH sei aufgrund des Unfalltods des Alleingeschäftsführers Herrn Wagner ohne Geschäftsführung und dadurch in ihrer Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt gewesen; und die Handlungsfähigkeit sei durch die Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters schnell wieder hergestellt worden. Zu den nächsten Schritten heißt es in den FAQ, der vorläufige Insolvenzverwalter führe die Unister Holding GmbH sowie die weiteren insolventen Gesellschaften fort und plane, die Unternehmen zu sanieren. Die Sanierungsoptionen würden in den nächsten Tagen und Wochen geprüft werden. Wie diese Prüfung ausfallen wird, dürfte derzeit also offen sein.
Was aber bedeuten die Geschehnisse für die Travel24.com AG?
Diese Frage dürfte nicht nur Urlauber, sondern insbesondere auch die Anleihegläubiger der Travel24.com AG umtreiben. Denn die Travel24.com AG, eine Tochtergesellschaft der Unister Holding GmbH, hatte im Jahr 2012 die Anleihe WKN / ISIN A1PGRG / DE000A1PGRG2 in Form einer Inhaberschuldverschreibung mit einem Gesamtnennbetrag von 25 Mio. EUR begeben. Gemäß den Anleihebedingungen (§ 2 Abs. 1) ist „Fälligkeitstermin“ für die Rückzahlung der durch die Anleihegläubiger investierten Beträge der 17.09.2017.
Im Wertpapierprospekt vom 27.08.2012 zu dieser Anleihe wird die Kerngeschäftstätigkeit der Travel24.com AG als Vermittlung von Pauschal- und Last-Minute-Reisen, Flugtickets, Individualreisen und Zusatzleistungen beschrieben. Danach dürfte die Travel24.com AG wohl als eine operative Reisevermittler-Tochtergesellschaft der Unister Holding GmbH anzusehen sein. Nicht alle Unister-Gesellschaften sind Reisevermittler; andere Unister-Gesellschaften seien selbst Anbieter von Reisen oder anderen Dienstleistungen (z.B. Urlaubstours), wie Unister unter den FAQ auf ihrer Website erklärt.
Die Frage, ob noch andere Unister-Gesellschaften von der Insolvenz betroffen sind, wird unter den FAQ (www.unister.de/faq-insolvenz/) auf der Unister-Homepage – Stand 22.07.2016 – neben der Aufzählung der oben benannten Gesellschaften, die Insolvenzantrag gestellt haben, für operative Reisevermittler-Tochtergesellschaft der Unister Holding GmbH so beantwortet: „Die operativen Reisevermittler-Tochtergesellschaften der Unister Holding GmbH sind rechtlich eigenständig und nicht unmittelbar von der Insolvenz der Holding betroffen.“
Wie eingangs dargestellt, ist nicht nur bzgl. der Unister Holding GmbH das vorläufige Insolvenzverfahren angeordnet worden, sondern u.a. auch bzgl. der Unister GmbH. In ihrem Wertpapierprospekt vom 27.08.2012 ließ die Travel24.com AG ausführen, dass sie außerhalb der normalen Geschäftstätigkeit als wesentlichen Vertrag einen Vertrag mit der Unister GmbH geschlossen habe. Im Wertpapierprospekt vom 27.08.2012 ist ferner unter den zentralen Risiken, die der Emittentin – also der Travel24.com AG – eigen sind, aufgeführt, dass die Travel24.com AG einen wesentlichen Teil ihrer Umsätze über die Unister GmbH erziele und der Geschäftsbetrieb der Travel24.com AG von der Unister GmbH abhängig sei.
Ob und wie dieser – zumindest aus damaliger Sicht der Travel24.com AG aus dem Jahr 2012 – wesentliche Vertrag von der Unister GmbH erfüllt werden können wird, dürfte u.a. davon abhängen können, ob es für die Unister GmbH erfolgversprechende Sanierungsoptionen geben wird. Es wäre denkbar, dass die im Wertpapierprospekt benannte Abhängigkeit der Travel24.com AG zum heutigen Tag nicht mehr im gleichen Maße wie zum Stand 27.08.2012, ggf. sogar gar nicht mehr, besteht und u.U. von anderen Faktoren verdrängt worden sein könnte. Denn die Travel24.com AG plante nach Angaben im Prospekt, ihre Geschäftstätigkeit um ein weiteres Geschäftsfeld auszubauen, nämlich als Hotelbetreiberin von „Budget-Design-Hotels“. In diesem Zusammenhang dürfte es u.a. darauf ankommen, inwieweit der Ausbau des weiteren Geschäftsfeldes zwischenzeitlich verwirklicht wurde.
Ungewiss ist derzeit auch, ob und inwieweit sich die Anklagen gegen den verstorbenen Herrn Wagner sowie gegen zwei Manager der UNISTER Group auf etwaige Sanierungsoptionen auswirken könnten. Wie die Unister Holding GmbH mit Medieninformation – Stand 21.07.2016 – klarstellte, waren diese Anklagen bereits mit Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 24.03.2016 miteinander verbunden worden. Die gebündelte Anklage sei bzgl. des Vorwurfs des unerlaubten Betreibens von Versicherungsgeschäften und der damit im Zusammenhang stehenden Steuerhinterziehung zugelassen worden.
Für Anleihegläubiger der Anleihe WKN / ISIN A1PGRG / DE000A1PGRG2 dürfte es daher nicht unerheblich sein, die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung bzw. die Rechte, die ihnen aufgrund der Anleihebedingungen zustehen, zu kennen. Dazu gehören unter anderem die Möglichkeiten, nach näherer Maßgabe des § 17 der Anleihebedingungen mittels eines gemeinsamen Vertreters Anleihegläubigerversammlungen einzuberufen.
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